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Ich berate sporadisch Bauherren von kleineren und mittleren Bauvorhaben, die mit ihrem Bauprojekt in eine Sackgasse geraten sind und einen Impuls von aussen benötigen. In diesem Blogbeitrag gehe ich speziell auf Beratungen ein, bei denen die Kunden relativ weit von meinem Domizil entfernt sind und darum aus ökonomischen Gründen nur ganz wenige persönliche Besprechungen möglich sind. Die Beratung geschieht somit weitgehend aus der Ferne. Oft reicht es aber aus, mit einem einzigen, gut vorbereiteten Besuch vor Ort den Knoten zu lösen.
Nachfolgend erläutere ich anhand drei typischer Beispiele die Beratung aus der Ferne. Wann kann sie nötig sein, und unter welchen Bedingungen ist sie möglich? Wichtig ist für den Bauherrn, einen Gesprächspartner zu finden, der seine Situation rasch erfasst, sich in der Baubranche gut auskennt und schnell einen Weg findet, um das Projekt wieder auf Kurs zu bringen.
Üblicherweise haben Bauherren mit blockierten Projekten Bedenken, ob Beratung aus der Ferne für ihre Fragestellung überhaupt realistisch ist. Sie gehen in der Regel davon aus, dass viel Reisetätigkeit nötig sei und dass die Beratung daher viel koste. Das habe ich lange Zeit selber auch geglaubt, aber langjährige Erfahrungen haben mich allmählich eines Besseren belehrt.
Am Anfang meiner Tätigkeit als Spontanberater von kleineren Bauprojekten, also um das Jahr 1995 herum, habe ich nämlich das persönliche Gespräch bevorzugt und die Kunden oft zuhause aufgesucht. Im Laufe der Zeit habe ich immer weniger Kundenbesuche gemacht, dafür mehr aus der Ferne beraten. Heute ist die Beratung aus Distanz der Normalfall und das persönliche Gespräch vor Ort der Ausnahmefall.
Es ist erstaunlich, dass es bei blockierten Projekten oft nur eine einzige Reise braucht, falls überhaupt. Kostenmässig fällt dies nicht stark ins Gewicht.
Die nachfolgenden drei Beispiele beruhen auf realen Begebenheiten, sind aber stark anonymisiert.
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Beispiel 1: Vertragsprobleme bei einer Wohnhauserweiterung
Im ersten Beispiel geht es um den Umbau und die Erweiterung eines älteren Wohnhauses. Es wird ein grösserer Anbau erstellt, und das bestehende Gebäude wird saniert. Die Baukosten betragen um die 1 Mio. Fr., wobei etwa zwei Drittel davon den Neubau betreffen und ein Drittel die Sanierung. Die Bauherrschaft hat nur mit einem einzigen Vertragspartner zu tun: einem Architekturbüro, das fallweise auch als Generalunternehmer auftritt.
Die Baubewilligung für das Bauvorhaben ist bereits erteilt, als die Probleme für die Bauherrschaft auftauchen. Die Vertragsentwürfe machen ihr nämlich Sorgen, die ihr vom Architekturbüro vorgelegt werden. Konkret geht es um zwei Verträge: einen normalen Architektenvertrag (also einen Auftrag) für die Sanierung des bestehenden Gebäudes und einen Generalunternehmervertrag (also einen Werkvertrag) für den Neubau. Genau benennen kann die Bauherrschaft ihre Bedenken nur in Ansätzen. Bei verschiedenen Punkten hat sie einfach ein diffuses Gefühl. Sie hat zum Beispiel den Eindruck, dass beim Generalunternehmerprojekt zu wenig genau definiert ist, was sie für ihr Geld bekommt. Auch die Abgrenzung zwischen den beiden Projekten erscheint ihr nicht völlig nachvollziehbar. Sie fragt mich daher an, ob ich ihr helfen könne.
Per Mail erhalte ich die wichtigsten Projektunterlagen. Dazu gehören die beiden Vertragsentwürfe (Architektenvertrag für den Umbau und Generalunternehmervertrag für den Anbau) sowie die wichtigsten Pläne und einige weitere Unterlagen. Es zeigt sich, dass es sich um ein gutes Architekturbüro für diese Art von Bauvorhaben handelt. Es ist aber nicht so versiert in seiner Rolle als Generalunternehmer. Da es nur relativ selten so auftritt, hat es nicht viel Routine mit dem entsprechenden Vertragswesen. Relativ schnell wird mir klar, woran das Projekt krankt. Es sind tatsächlich ungefähr die Punkte, welche die Bauherrschaft vermutet hat.
Der Entwurf des Generalunternehmervertrags für den Anbau ist ziemlich mangelhaft. Dabei geht es primär um den Baubeschrieb, der dem Vertrag zu Grund liegt, weniger um die Vertragsurkunde selber. Der Baubeschrieb ist rudimentär und lückenhaft. Der Bauherrschaft wird dadurch nur in Ansätzen klar, was sie für ihr Geld bekommt. Zu viele Fragen bleiben offen.
Um die Bauherrschaft zu unterstützen, sende ich ihr für verschiedene Arbeitsgattungen Beispiele von guten Beschrieben. Ich suche die besten Muster hervor, die ich in meiner langen Praxis kennengelernt habe. Die Beispiele versehe ich mit Kommentaren, auf welche Weise sie am besten in den konkreten Baubeschrieb der Bauherrschaft eingefügt werden könnten.
Anhand der erhaltenen Unterlagen macht sich die Bauherrschaft daran, im Dialog mit dem Architekten den Baubeschrieb für den Generalunternehmervertrag zu verbessern. Die Optimierung geschieht nicht auf Anhieb. Bei einzelnen Arbeitsgattungen braucht es mehrere Anläufe, bis die erwünschte Präzision erreicht ist. Bei Bedarf nehme ich zu den Zwischenresultaten Stellung und erteile weitere Anregungen.
Ein weiterer Schwachpunkt im Vertragswerk mit dem Architekten neben dem Baubeschrieb ist die Vertragsurkunde für den Generalunternehmervertrag. Es geht hier um die üblichen Themen wie Mängelhaftung (Gewährleistung), Risiken des Bauhandwerkerpfandrechts und dergleichen. Es handelt sich dabei um die Standardprüfpunkte, die ich bei jeder Expertise zu Generalunternehmerverträgen abarbeite. Näheres dazu siehe beispielsweise im Blogbeitrag «Prüfung GU-Vertrag für ein Einfamilienhaus (Typenhaus)».
Ein letzter Schwachpunkt schliesslich ist die Schnittstelle zwischen den beiden Teilprojekten, also dem Anbau und dem Umbau. Eine genau definierte Schnittstelle ist aus finanziellen Gründen notwendig. Es muss vermieden werden, dass Kosten dem Umbauprojekt zugerechnet werden, die eigentlich in den Pauschalpreis des Generalunternehmerprojekts gehören würden.
Es dauert mehrere Wochen, bis der überarbeitete Vertragsentwurf auf einem guten Stand ist. Meine Optimierungsbeiträge erfolgen dabei durchwegs aus der Ferne. Ich verfasse umfangreiche Mails, es gibt auch längere Telefongespräche. Aber selber vor Ort bin ich nie.
Beratungsdauer und Beratungskosten
Die Beratung dauert rund einen Monat und kostet um die 1’500 Fr.
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Beispiel 2: Wechsel des Planerteams bei einem anspruchsvollen Erweiterungsprojekt
Ein freistehendes, historisches Industriegebäude wird von einem Dienstleistungsunternehmen als Verwaltungsgebäude genutzt. Neben dem bestehenden Gebäude ist eine kleine Erweiterungen geplant, wo primär ein Sitzungszimmer für Kundenbesprechungen eingerichtet werden soll. Die Aufgabe ist in gestalterischer Hinsicht sehr anspruchsvoll, da das bestehende Industriegebäude unter Denkmalschutz steht. Der Bauherr beauftragt daher einen renommierten Architekten, dem es auch gelingt, für die Erweiterung ein baukünstlerisch gutes Projekt zu gestalten. Das Baugesuch wird bei den kommunalen Behörden eingereicht und die Baubewilligung wird erteilt.
Im Hinblick auf die nächste Bauphase, die Vorbereitung der Bauausführung, legt der Architekt eine neue Offerte für seine nun anstehende Planungstätigkeit vor. Jetzt beginnen die Zweifel des Bauherrn. Das verlangte Architektenhonorar scheint ihm sehr hoch zu sein. Bei der vorgesehenen Erweiterung handelt es sich um eine filigrane Stahlkonstruktion, und der Bauherr hat den Eindruck, dass der Architekt mit den veranschlagten Planungskosten das ganze Stahlbauwesen neu erfinden will.
In diesem Zeitpunkt der Unsicherheit nimmt der Bauherr mit mir Kontakt auf. Wie beurteilt ein sachkundiger Aussenstehender die Situation? Wie soll er weiter vorgehen?
Ich erstelle zunächst eine Expertise zu den Planungskosten. Es geht dabei um die bereits erbrachten und abgerechneten Planungstätigkeiten, aber auch um die zukünftigen Leistungen, die vor kurzem neu angeboten worden sind. Ich komme zum Ergebnis, dass die verlangten Honorare hoch sind. Sie bewegen sich am oberen Ende der Bandbreite, die für vergleichbare Planungsaufgaben verlangt werden. Die Expertise erstelle ich, wie ich es normalerweise tue, aus der Ferne.
Auf Wunsch des Bauherrn unterbreite ich ihm zudem alternative Vorgehensmöglichkeiten. Primär denke ich an den Beizug eines auf Metallbau spezialisierten Generalunternehmers, der auf der Basis des Baugesuchs die Ausführungsplanung selber erbringen würde. Ich spreche aber auch die Möglichkeit an, im Hinblick auf die Bauausführung ein anderes Architekturbüro zu beauftragen, das Erfahrungen mit Metallbau aufweist und darum ein günstigeres Honorar anbieten könnte.
Nach diesen ersten Gedanken zu grundsätzlichen Möglichkeiten für die Bauausführung höre ich einige Wochen lang nichts mehr. Dann meldet sich der Bauherr wieder bei mir. Er hat zwischenzeitlich die Zusammenarbeit mit dem Entwurfsarchitekten für das Bauprojekt beendet. Zudem hat er sich im Markt auf die Suche nach Anbietern von Bauleistungen gemacht, die für ihn im Hinblick auf die Bauausführung interessant sein könnten.
Er ist fündig geworden bei einem Metallbaubetrieb, dem er zutraut, eine Schlüsselrolle bei der Realisierung seines Bauvorhabens einzunehmen. Das Unternehmen hat einen guten Namen und hat schon diverse ähnliche Projekte ausgeführt. Es könnte nicht nur die Metallbauarbeiten erbringen, sondern auch die gesamten Planungstätigkeiten der Bauausführung abdecken, einschliesslich der Bauleitung. Es gibt nämlich einen Mitarbeiter in der Firma, der von Hause aus zwar Metallbauer ist, aber einige Jahre in einem Architekturbüro gearbeitet hat. Er verfügt somit über eine gewisse Basisausbildung in Architektur. Für ausgewählte Projekte tritt er als Ausführungsarchitekt auf. Er erstellt also die Ausführungspläne, ermittelt die gesamten Baukosten und besorgt die Bauleitung.
Der Bauherr findet diese Konstellation interessant, also die Kombination von einem Werkunternehmer für die Schlüsselbauarbeiten (Metallbau) und einem einschlägig erfahrenen Bauplaner, der sich um die ganze Bauausführung kümmert. Er weiss aber nicht so recht, wie er das Puzzle zusammensetzen soll. Wie wird die Zusammenarbeit vertraglich geregelt? Wie sieht es mit allfälligen Interessenkonflikten aus, die zwangsläufig entstehen können, wenn der Vertragspartner zwei Hüte anhat? Einerseits trägt er nämlich den Hut des Bauleiters und somit des Treuhänders des Bauherrn, andererseits den Hut des Werkunternehmers.
Besprechung vor Ort
Ich vereinbare mit dem Bauherrn, dass wir uns persönlich treffen wollen, um die anstehenden Fragen zu besprechen. Vorgesehen ist ein ganztägiger Workshop, der aus zwei Teilen besteht. Zuerst gibt es eine bilaterale Standortbestimmung, also eine Besprechung nur zwischen dem Bauherrn und mir. Anschliessend kommt der Handwerker-Architekt hinzu, später noch weitere Projektbeteiligte (Innenarchitekt, Bauingenieur, etc.). Die Besprechung wird zwischen dem Bauherrn und mir sorgfältig vorbereitet, um möglichst viele anstehende Fragen klären zu können. Ziel des Tages vor Ort ist ein Neustart des Projektes mit einem neuen Hauptvertragspartner.
Die Besprechung mit dem Handwerker-Architekten ergibt, dass dieser ein erfahrender Praktiker ist. Es dürfte ihm gut gelingen, die Werkpläne zu zeichnen, Offerten einzuholen und die Bauleitung zu besorgen. Es gibt aber einige Punkte der Zusammenarbeit, die mit ihm zu klären sind. Darauf gehe ich nachfolgend ein.
Thema 1: Projektorganisation
Am Anfang der Besprechung hat man erst eine vage Ahnung über die Art der Zusammenarbeit. Klar ist, dass es einen Bauherrn gibt und einen Handwerker-Architekten, der eine Schlüsselfunktion im Planerteam einnehmen wird. Daneben gibt es aber noch einige weitere Planer (Innenarchitekt, Bauingenieur), und auch die Rolle des Bauherrenberaters ist nicht klar. Am Ende der Diskussion liegt eine Projektorganisation und ein formelles Organigramm vor. Es wird präzisiert, dass der Handwerker-Architekt der Gesamtleiter ist. Dies ist ein Begriff aus der Normenwelt des SIA und bezeichnete den Gesamtkoordinator des Planerteams. Er ist der wichtigste Ansprechpartner des Bauherrn und alle Informationen laufen über ihn.
Auch das Thema der übergeordneten Qualitätssicherung wird angesprochen, da es einige Bauarbeiten gibt, die hinsichtlich der Ausführung ziemlich risikobehaftet sind.
Thema 2: Planervertrag
Es liegt ein Entwurf eines Planervertrags für die Bauausführung vor. Dieser Entwurf ist sehr rudimentär. Es gibt keinen Bezug zu den SIA-Ordnungen für die Planungstätigkeit (v.a. SIA-Honorarordnung 102) und keine Allgemeine Vertragsbedingungen (AVB). Auf meine Anregung werden die wichtigsten Vertragsergänzungen vorgenommen.
Die Problematik eines frei formulierten Planervertrags wird in folgendem Blogbeitrag ausführlich beschreiben: «Wenn Bauplaner keine SIA-Planerverträge abschliessen wollen». Dort finden sich auch Anregungen für Vertragsergänzungen.
Thema 3: Werkverträge
Es zeigt sich, dass sich der Handwerker-Architekt mit den SIA-Normen zum Werkvertragsrecht nur sehr rudimentär auskennt. Es wird deshalb vereinbart, dass vor allem bei den risikobehafteten Werkleistungen die entsprechenden Allgemeinen Bedingungen Bau (ABB) beschafft und in die Werkverträge integriert werden.
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Am Ende des Besuches ist der Bauherr sehr zufrieden mit den erzielten Ergebnissen. Er weiss jetzt klar, wie er vorgehen will. Die Projektorganisation ist definiert. Beim Planervertrag mit den Handwerker-Architekten ist festgelegt, bei welchen Punkten er noch ergänzt werden soll. – Die Bauausführung kann beginnen.
Beratungsdauer und Beratungskosten
Die Beratung erstreckt sich über mehr als ein halbes Jahr, mit jeweils längeren Unterbrüchen. Die Kosten betragen rund 5’000 Fr.
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Beispiel 3: Startschwierigkeiten bei einem Umbauvorhaben
Im dritten Beispiel geht es um den Umbau eines etwa hundertjährigen Einfamilienhauses, das spiegelbildlich an ein gleichartiges Haus angebaut ist. Der geplante Umbau besteht zum grossen Teil aus einer Komplettsanierung des Daches. Im Zuge der Bauarbeiten am Dach soll das Dachgeschoss so hergerichtet werden, dass es besser für Wohnzwecke nutzbar ist als bisher. Konkret denkt man an den Einbau von zwei Dachgauben sowie die Anordnung eines Badezimmers. Neben den Arbeiten am Dach sind einige Anpassungen in den beiden unteren Geschossen vorgesehen. Der Kostenrahmen beträgt 0.5 Mio. Fr.
Erste unbefriedigende Planungsanläufe der Bauherrschaft
Die Bauherrschaft nimmt zunächst Kontakt mit einem Architekten auf. Er erhält den Auftrag, den Umbau genauer abzuklären und die Kosten abzuschätzen. Die Architektenarbeit überzeugt sie jedoch überhaupt nicht. Die baugesetzlichen Abklärungen, vor allem in Hinblick auf die Gauben, werden unsorgfältig vorgenommen und hinsichtlich der Kostenermittlung scheint der Architekt wenig kompetent zu sein. Die Zusammenarbeit wird daher wieder beendet.
Aufgrund einer Empfehlung aus dem Bekanntenkreis nimmt der Bauherr dann mit einem Holzbauunternehmer Kontakt auf, der sporadisch auch ganze Umbauten betreut. Die Eindrücke sind zwiespältig. Der Unternehmer dürfte ein guter Holzbauer sein, da besteht kein Zweifel. Aber als möglicher Koordinator aller Bauarbeiten kann er sich ihn nicht so recht vorstellen. Er hat einfach nicht die nötige Zeit, um sich intensiv um ein ganzes Bauvorhaben zu kümmern und an Tausend Sachen zu denken. Dem Bauherrn fällt zu seinem Leidwesen auf, dass der Holzbauer immer wieder Sachen vergisst. Beispielsweise bringt er es nicht fertig, eine vereinbarte Leistung (zum Beispiel die Erstellung einer Kostenschätzung) fristgerecht zu erbringen.
Zudem bestehen Zweifel darüber, in welcher Qualität die Bauplanung erbracht wird. In bauplanerischer Hinsicht ist die Aufgabenstellung zwar nicht überaus anspruchsvoll. Aber ein gewisses bauplanerisches Talent ist trotzdem erforderlich, beispielsweise bei der Gestaltung der Gauben oder bei den Anpassungen im Innenbereich der unteren Geschosse. Die Bauherrschaft ist unsicher, was sie auf diesem Gebiet erwarten darf. Die Holzbaufirma scheint hinsichtlich der Projektierung nicht nennenswerte eigene Kapazitäten zu haben.
Besser scheint es bei der Bauleitung auszusehen. Die Holzbaufirma kann diverse Referenzprojekte vorweisen, bei denen die Bauleitung mit eigenem Personal erbracht worden ist.
Neustart der Planung
In dieser frustrierenden Situation wendet sich der Bauherr an mich. Er ist schon monatelang dran mit seinem Umbauvorhaben, hat aber noch kein konkretes Resultat. Nur Frust. Er hat zwar vielfältige Erkenntnisse gewonnen über Umbaumöglichkeiten und deren Kosten, aber man kann nicht davon sprechen, dass das Projekt definiert ist. Viele Fragen sind noch offen.
Das grösste Problem des Bauherrn ist, dass er noch keinen Vertragspartner gefunden hat, dem er sein Projekt anvertrauen möchte. Sein Umbauvorhaben befindet sich in einer Sackgasse. Es braucht einen Neustart. Ich sage dem Bauherrn zu, ihn dabei zu unterstützen.
Zuerst mache ich zuhanden des Bauherrn eine Auslegeordnung aus neutraler Sicht. Ich gehe zum Beispiel der Frage nach, ob im Bauwesen eine gewisse Schludrigkeit, wie er sie beim Holzbauunternehmer erfahren hat, quasi der Normalfall sei. Müsse konkret der Bauherr bei einem Umbauvorhaben damit rechnen, dass sein Hauptansprechpartner und Koordinator aller Arbeiten alles andere als ein perfekter Projektleiter sei? Nein, sage ich, ein Bauherr darf erwarten, dass sein Projektleiter voll für ihn da ist und an die Tausend Sachen denkt, an die er als Projektleiter halt denken muss. Das ist normal, und solche Leute findet man auch im Bauwesen. Es ist nicht normal, dass der Projektleiter unsorgfältig arbeitet, weil er wie der Chef des Holzbauunternehmens zu wenig Zeit hat für seine Aufgabe.
Dann stellen wir zusammen Überlegungen an, welche Anforderungen der Hauptvertragspartner erfüllen sollte. Ich schlage dem Bauherrn vor, es mit einem anderen Werkunternehmer zu versuchen, dessen Leistungsfähigkeit ich aufgrund meiner Marktkenntnisse einschätzen kann. Es handelt sich dabei um eine polyvalente Handwerkerfirma, die eine ganze Palette von Werkleistungen selber erbringt. Sie wickelt auch immer wieder ganze Umbauvorhaben ab, wobei sie hier auch die Planung besorgt.
Die Idee gefällt dem Bauherrn. Er setzt sich mit dieser Firma in Verbindung und ist sofort angetan vom Gesprächspartner, mit dem er es zu tun hat. Dieser versteht etwas vom Bauhandwerk, das steht fest. Er scheint aber auch versiert zu sein in der Projektleitung. Er kann offensichtlich gut zuhören. Er traut ihm zudem zu, dass er präzis und diszipliniert arbeitet.
Der Bauherr entscheidet, das Projekt mit diesem Partner nochmals neu zu starten.
Da das Projekt gegenüber den realen Verhältnissen stark verändert (anonymisiert) ist, erachte ich es nicht als sinnvoll, Angaben zu Beratungsdauer und Beratungskosten zu machen.
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Schlussbemerkungen
Die Beratung aus der Ferne ist ein Mittelding einer Bauherrenberatung. Der Arbeitsaufwand ist grösser als bei Expertisen zu eng begrenzten Themen, die ich schon lange mache, und zwar in der Regel aus Distanz. Typischerweise geht es hier um Stellungnahmen zu Planenverträgen oder Generalunternehmerverträgen. Hier sehe ich den Auftraggeber in der Regel nicht persönlich. Die ganze Kommunikation erfolgt per Mail und Telefon.
Die Beratung aus der Ferne ist ebenfalls zu unterscheiden zum normalen Projektmanagement, also zur bauherrenseitigen Projektleitung, die ich ebenfalls häufig erbringe. Hier geht es um grosse Projekte, die über einen längeren Zeitraum viel zeitliche Präsenz erfordern. Meist befinden sich solche Projekte im Lokalrayon.
Die in diesem Beitrag beschriebenen Beratungsprojekte liegen irgendwo im Mittelbereich zwischen Expertisen und Projektmanagementprojekten. Die Auftragssumme liegt typischerweise im Bereich von 1’500 bis 5’000 Fr.
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Textgeschichte
28. Dezember 2019: Erhebliche Anpassungen des Textes; Kürzungen
12. Mai 2023: Titel des Blogbeitrags leicht geändert; Einleitung angepasst.
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Dieser Blog enthält Dutzende von Fachbeiträgen, die sich primär an Bauherrschaften richten. Sie sind gegliedert nach Sachgebieten. Die beiden wichtigsten Themenbereiche sind «Honorarfragen» und «Bauen mit einem Architekten». Benutzen Sie das Menu, um zu der Fragenkategorie zu gelangen, die Sie besonders interessiert. – Hans Röthlisberger, Bauherrenberater, Gwatt (Thun) /Schweiz